Hellouh Hellouh! Heute möchte ich euch erklären, warum man keine Extreme spielt.
Oft konsumieren wir Medien, die bei den Emotionen der Figuren übertreiben. Egal ob Wut, Trauer oder Freude. Denn im Zeichentrick zum Beispiel trägt man dick auf, weil man keine Mikromimik zeichnen kann, im Hörspiel weil man keine visuellen Cues hat.
Doch in der Realität erleben wir diese Emotionen selten in ihrer reinen Form. Und wenn wir in einer Produktion mit einem naturalistischen Spielstil so dick auftragen würden, wäre das voll daneben. Stellt euch mal einen Realfilm vor, wo die Leute sich benehmen wie im Anime: Cringe.
Echte Emotionen spielt man immer mit einem Kampf dagegen. Alle sozialen Wesen wollen ihre Emotionen vor anderen verbergen oder kontrollieren. Menschen empfinden Scham, haben Angst vor Konsequenzen wenn sie alles rauslassen, wollen einen auf stark machen oder nicht arrogant wirken.
Der innere Kampf gegen die Emotion verleiht einem Charakter Tiefe und macht ihn vielschichtiger. Er zeigt, dass der Charakter sich selbst reflektiert und sich zu seiner Welt verhält.
Beispiel: Eine Trennung in der Öffentlichkeit. Rumbrüllen geht nicht, dann gucken die Leute, kriegen Angst und das ist unangenehm. Heulen? Bessere Idee. Aber peinlich, dann denken die Leute, das ist ein Zeichen von Schwäche. Ein Mensch würde hier also eher innerlich tausend Tode sterben. Einen knallrot Kopf bekommen, nasse Augen, eine bebende Stimme und eine verwirrte Ausdrucksweise.
Man kann diesen Kampf hinten raus aber auch verlieren. Wenn dem Menschen im Laufe des Trennungsgesprächs mehr zugemutet wird, als er psychisch aushalten kann, wird er nach einem verzweifelten Kampf dagegen brechen. Wenn die Verletzung größer geworden ist, als die Scham. Das muss man als Schauspieler:in abwägen.
Und merkt euch: Wer von 0 auf 100 kommt, ist ein Psycho und hat keine Kontrolle über sein Inneres. Soziale Wesen funktionieren so nicht. Großer Abstand!
Wenn man den Kampf gegen die Emotion mitspielt, statt die reine Emotion zu zeigen, bekommt die Darstellung Tiefe, Realismus und einen Konflikt im Konflikt. Es macht Charaktere vielschichtiger und fesselnder für das Publikum.